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Nun also gegen Expats

16.11.2022 Albert Leiser

Dass Linke sich nicht in erster Linie für Gutverdienende einsetzen, liegt wohl in der Natur der Sache. Insofern hätte es einigermassen erstaunt, wenn das ausgerechnet in Zürich, wo Links seit Jahren das Sagen hat, anders wäre.

An Projekten, die kosten und weniger gut Verdienenden unter die Arme greifen sollen, hat es hier dagegen nie gefehlt. Zu oft stossen sie bei den Stimmenden auf Gegenliebe. Vernunft ist aber zum Glück nicht parteigebunden und auch eine linke Mehrheit findet dann und wann, eine Idee gehe doch etwas zu weit, sei zu teuer, bringe zu wenigen etwas. Auch wenn so nicht alle Umverteilungsträume zur Abstimmung gelangen (Gratistram) oder bei dieser abgelehnt werden (Gratisbadi), es braucht Geld, viel Geld. Und an Ideen, wofür man Geld ausgeben könnte, fehlt es nie. Die Abstimmung über die teuerst mögliche Version von Tagesschulen liegt ja noch nicht so weit zurück. 

Weniger gut ist Links im Geldverdienen, das können andere besser und denen kann man es dann über Steuern, Abgaben etc. abknöpfen. Das setzt allerdings voraus, dass solche Leute in der Stadt wohnen. Und genau das ist das Problem. Mehr Steuern zahlen als schlechter Verdienende ist ja eigentlich schon ok. Nicht ok ist dagegen, Wohnraum zu beanspruchen. Und überhaupt sind doch die Wohlhabenden daran schuld, dass einst eher verwahrloste Quartiere aufgewertet werden und und und.

Eine meiner Meinung nach naheliegende Lösung wäre es, möglichst viele Wohnungen zu bauen – teurere und günstigere. Damit würde das Angebot generell vergrössert und der Nachfragedruck etwas abgeschwächt. Eher kontraproduktiv war es so gesehen, das Neugass-Projekt zu bodigen. Besser wäre es gewesen, das Verdichten, Ausbauen, Aufstocken, das Bauen ganz allgemein zu erleichtern. Links hat stattdessen einen neuen Sündenbock gefunden: die Expats. Die Wirtschaft beklagt sich zwar über akuten Fachkräftemangel. Ganz offensichtlich würde sie nicht so florieren, wenn man die Grenzen für hochspezialisierte, gut ausgebildete Arbeitskräfte schliessen würde. Für das linke Zürich sind sie aber die Wurzel des Übels Wohnungsknappheit. Zur Debatte steht zurzeit nur ein Beitrag an das Standortmarketing. Muss man es aber als ersten Schritt einer Strategie, Besserverdienende aus der Stadt zu verdrängen, sehen?